Die berühmte Altenberger Pinge ist ein beeindruckendes Zeugnis der Bergbaugeschichte in Europa. 36 Abbauorte, 27 Häuser, 4 Göpel, auch das Wohnhaus mit Werkstatt des Bergschmiedes stürzten in die Tiefe.
Der große Pingenbruch 1620
Vor genau 400 Jahren, es lag meterhoher Schnee und ein rasender Sturm tobte über den Fichtenwald, am Montag, den 24. Januar 1620 erfolgte früh zwischen 4.00 und 5.00 Uhr der größte Pingenbruch in der Geschichte des hiesigen Bergbaus.
Zuvor waren in den Jahren 1545, 1578, 1583, 1587 und 1619 kleinere Brüche zu verzeichnen. Die Ursache für das Entstehen der Pinge war der über lange Jahre unregelmäßige Weitungsbau mittels „Feuersetzen“.
Diese Weitungen wurden völlig unkontrolliert in den Berg gebrannt, was sich später als sehr nachteilig auswirkte. Am 15. November 1545 brachen die ersten Pfeiler zwischen den einzelnen Weitungen zusammen und kosteten 8 Bergleuten das Leben.
Am 22. April 1578 ereignete sich der zweite untertägige Bruch. Trotz allem wurden bedenkenlos weitere Hohlräume aus dem Gebirge gebrannt und das sogar bis in ca. 250 m Tiefe.
Bis es zum größten Pingenbruch am 24. Januar 1620 kam. 36 Abbauorte, 27 Häuser, 4 Göpel, auch das Wohnhaus mit Werkstatt des Bergschmiedes stürzten in die Tiefe.
Die Chronik schreibt dazu: „Da ist unser liebes Bergwerk alles in einen Haufen gegangen.“
Der Chronist Meißner berichtete wie folgt über die Rettung der verschütteten Bergleute:
„Zwanzig Personen haben sich auf den St. Erasmus-Schacht salviert. Vier Bergleuthe aber, sind auf einem Brennorte, wohin sie Holz gelaufen (getragen), auch verschoben worden, allwo sie ganzer drei Tage und drei Nächte ohne alle Speis, außer, dass sie Wasser getrunken, sich beholfen, bis man am dritten Tage aus dem Rauche, welcher von dem von ihnen gemachten Feuer aufstieg, geurtheilet, wo sie etwa seyn möchten, und Fahrten in den Creutzer Schacht gerichtet, bis man sie endlich auch gesund und unbeschadet herausgebracht hat. Allein ein gar alter Bergmann von 79 Jahren, namens David Eichler, ist nicht zu finden gewesen, auf welchen hernach die meiste Schuld sitzen geblieben, dass er nehmlich aller Warnungen ungeachtet, alle Berg-Vesten weggehauen habe.“
Der alte Eichler wurde nie gefunden und war seitdem der gute Geist der Altenberger Grube. Viele Jahre später wurde ein Schuh gefunden, der angeblich von ihm stammen sollte.
Nach dem großen Pingenbruch vereinigten sich 36 Gruben am 4. August 1663 zu einem gemeinsamen Betrieb, es bildete sich die große „Gewerkschaft des Zwitterstocks zu Altenberg“.
Die Pingenfläche betrug zu dieser Zeit etwa 2 Hektar (160 m x 130 m). Weitere Pingenbrüche folgten in den Jahren 1688, 1704, 1714, 1716, 1730, 1776, 1785, 1817 und 1844.
Ab 1680 wurde vorwiegend Brucherz abgezogen, der Weitungsbau wurde ab 1840 vollkommen eingestellt.
Durch die ständige Erweiterung der Pinge kam es immer wieder zu Bergschäden. Angrenzende Wohnbereiche und Straßen (Mühlen-, Anton-Unger-, Pingen-, Marien-, Paul-Haucke-, Feldstraße, Bärensteiner Straße, Obere Straße sowie die Kleine Kirchgasse fielen der Pinge teilweise bis völlig zum Opfer.
Bis in die 1950-er Jahre rodelte man mit Schlitten oder fuhr mit Skiern in die Pinge, so berichteten Zeitzeugen.
Von 1937-1953 führte vom Einfahrtshaus am Pingenrand an der Anton-Unger-Straße ein Weg in die Pinge zum Mundstollen Heinrichstollen und weiter durch einen Fahrstuhlschacht auf die Heinrichsohle.
Insgesamt wurden der Pinge ca. 37 Millionen Tonnen Roherz bis März 1991 entnommen. 1986 wurde erstmals 1 Million Tonnen Roherz in einem Jahr gefördert.
Zum Zeitpunkt der Stilllegung des Bergbaus am 28. März 1991 (Förderung letzter Hunt) betrug die Pingengröße 12-13 Hektar, mit einem Durchmesser von ca. 450 m und einer Tiefe von ca. 115 m, und ist damit die größte Pinge Europas.
Durch Erosion gibt es weitere Nachbrüche und die Pinge wird sich noch etwas im Durchmesser vergrößern, jedoch die Tiefe nimmt ab.
Die Pinge bleibt als technisches Denkmal, und seit 2019 als Weltkulturerbe, ein Wahrzeichen der Stadt Altenberg.
Bei einer „Pingenwanderung“ von April bis ca. Oktober und einem direkten Blick von der Aussichtsplattform in die Pinge kann man mehr erfahren.
Quellen: „Bote vom Geising“, Altenberger Bote (Artikel von Heinz Bernhardt), Sächsische Zeitung, Weißeritz-Woche, Chronik von Christoph Meißner
Uwe Petzold, Ortschronist

Foto: Stadtarchiv Stadtverwaltung Altenberg, Tourist-Information Altenberg
Zu diesem Unglück ein Gedicht, eines unbekannten Verfassers, über das Geschehen vom großen Pingenbruch:
Ein schauerliches Wetter heute
Es jagt von unwirtbarer Höh`
Hinaus ins ungemessne Weite
Der fessellose Sturm der Schnee
Es starren von den eisigen Flocken
Gesichte, Hände, Bart und Locken
Uns grausig deckt die dunkle Nacht
Der schönen Erde Licht und Pracht.
Und nicht bloß von den kalten Wangen
Scheucht solch ein Wetter Freud und Lust
Es zieht ein unerklärlich Bangen
Wie Ahnungsschauer durch die Brust
Drum lasst vor drohenden Gefahren
Uns gläubig im Gebet und wahren
Den wohl Gebet dem Herzen tät
Es gibt ihm Zuversicht und Mut.
Ach Possen, rief darauf mit Lachen
Ein alter Häuer höhnend aus
Wer wird sich solche Sorgen machen
Ein rechter Mann macht sich nichts draus
Wie oft bin ich schon angefahren
In meinen neunundsiebzig Jahren
Da hilft kein beten nur Verstand
Und frischer Mut und starke Hand.
Stets muss man Gottes Macht verehren
Hub drauf der erste wieder an
Ihr Brüder wollt drum euch ehren
Was jener Alte sprach nicht dran
Dem alten David muss noch kommen
Drum Gott ist nur mit seinen Frommen
Wer seine Grüße frech verlacht
Den lässt er Fühlen seine Macht.
Auch gibt’s ja Warner unserer Stunden
Der wunderbaren Zeichen viel
Die deutlich Gottes Zorn verkünden
Wars etwa nur des Zufalls Spiel
Wie jüngst ob unserer Werkgerüste
Das weiße Roß zog durch die Lüfte
Und an der Pinge steiler Wand
Dem Aug` im nu spurlos verschwand.
So wanderten zur fernen Grube
Durch Schnee und Sturm, durch Nacht und Graus
So Häuer, Zimmerling und Bube
Und Bergmann allemal hinaus
Die Jungen gepflegten und die Alten
Sich auf dem Weg zu unterhalten
Weil unten dann im tiefen Schacht
Auf Arbeit man muss sein bedacht.
Bald waren alle angekommen
Sie eilten gläubig zum Gebet
Weil stets nach Bergmannsbrauch den Frommen
s`Gebet voran der Arbeit geht
So betet denn in Zweifels Namen
Ich spreche dazu immer Amen
So lachte der Alte höhnisch drein
Und fuhr voraus zur Grube ein.
Bald folgten ihm die andern alle
Und griffen fleißig Mann für Mann
Bei ihrer Schlägel muntern Schalle
Die schwere Arbeit rüstig an.
Gar tüchtig gings an allen Enden
Den wackren Leuten von den Händen
Denen wohl gerät durch Gottes Kraft
Das was der Fromme fleißig schafft.
Gott riefen jetzt der Stummen viele
Dem Alten Häuer ängstlich zu
Ist denn Gefahr dir nur zum Spiele
Hat dein verwegner Sinn nicht Ruh`
An dir, an uns auch wird sich`s rächen
Willst du die Festen töricht brechen
Auf denen ja allein so gut
Das ganze Stockwerk sicher ruht!
Ihr fürchtet euch ihr feigen Meinen
Rief da der Alte zornig her
Und wollt die kühne Hand mir kommen
Doch danach frag ich nimmermehr
Ich träume und schaffe nicht im Beten
Nur Taten sollen von mir reden
Und somit hieb er drauf und drein
Die feste starke Säule ein.
Da krachten laut der Erden Fugen
Es stürzt der Schacht in sich hinab
Und lose Erzgesteine schlugen
Mit donnernden Getöß herab
Und als der letzte Schall entschwunden
war`s wie im Grabe stille Ruh`(ruhten)
Wohl hatten alle drin im Schacht
Die allerletzte Schicht gemacht.
Doch tausend treue Retter flogen
Herbei und fuhren kühn hinab
Zu ihrer Brüder Gruft und zogen
Sie lebend aus den furchtbaren Grab
Und keiner fehlte mehr von allen
Die in der Pinge Sturz verfallen
Doch von dem Alten Häuer nur
Fand man bis heute keine Spur.
So viel man sich auch Müh`gegeben
Sooft man auch nach ihm gesucht
Umsonst, umsonst war jeglich Streben
Und Täuschung nur der Arbeit Frucht
Auf immer war der Greis verschwunden
Er modert noch im Schacht tief unten
Bis zur Vergebung aus der Gruft
Der einst ihn Gottes Stimme ruft.
Noch ruht er fern von seinen Lieben
Es drückt der Erze Wucht ihn schwer
Ein Denkmal ist von ihm geblieben
Weit schaut ein offnes Grab daher
Zur Warnung kommender Geschlechter
Ruht hier der Gotteswortverächter
Noch heut spricht mit berednen Mund
Von ihm der Pinge tiefer Grund.
Tourist-Information Altenberg Verifizierter Partner Explorers Choice